Eine Münze von 1780 in Spiegelglanz? Und gar nicht selten? Zu einem moderaten Preis? Kein Problem, man nehme einen Maria-Theresien-Taler!
Halt, halt! werden nun die versierten Sammler sagen, das mag alles stimmen, aber von 1780 ist der Taler nicht, obwohl es drauf steht. Und sie haben natürlich Recht. Trotzdem ist es eine erstaunliche Geschichte, die hier zu erzählen ist, eine Geschichte voller Superlative. Die am längsten geprägte Münze (über 250 Jahre), die am meisten geprägte Münze (ca. 400 Mio. Exemplare), die in den meisten Staaten geprägte Münze (Österreich im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, Kaisertum Österreich, Italien, Frankreich, Großbritannien, im britischen Auftrag 1940 in Indien), die weltweit verbreitetste Handelsmünze (in vielen Ländern in Europa, Afrika, Asien). Vielleicht sind durch den Euro inzwischen auch Rekorde gefallen? Aber egal, es ist eine erstaunliche Geschichte.
Maria Theresia war die Tochter Kaiser Karls VI., der in Ermangelung eines männlichen Erben seine Tochter als Erbin seiner Länder einsetzte und dies mit verschiedenen Verträgen mit anderen Staaten bzw. Monarchen abzusichern versuchte, was aber nicht wie geplant funktionierte. Nach seinem Tod 1740 musste die Erbin den Ersten Schlesischen Krieg und den Österreichischen Erbfolgekrieg durchstehen und letztlich auch die Wahl Karl Albrechts von Bayern zum Kaiser Karl VII. Als 1745 ihr Mann Franz Stephan von Lothringen als Kaiser Franz I. gewählt wurde, nannte sie sich auch „Römische Kaiserin“, wozu sie nie gekrönt wurde, während sie allerdings verschiedene andere Kronen trug – und entsprechend auch Münzen in ihrem Namen geprägt wurden.
Der erste Taler mit dem Brustbild der jungen Maria Theresia wurde 1741 geprägt, sozusagen der erste Maria-Theresien-Taler, der sie auf der Vorderseite als Königin von Ungarn und Böhmen benennt (Davenport 1109). Den Namen Maria-Theresien-Taler erhielten diese Münzen mit dem Brustbild Maria Theresias allgemein 1753, als Österreich und Bayern eine Münzkonvention abschlossen. Auf diesen Talern tituliert die im Alter etwas fortgeschrittene Monarchin schon als Römische Kaiserin, gefolgt von den Königstiteln für Deutschland, Ungarn und Böhmen, und die Rückseite zeigt den doppelköpfigen, nimbierten Reichsadler.
Auf den (eher seltenen) Talern aus ihrem Sterbejahr 1780 ist sie mit Witwenschleier zu sehen; Franz I. war 1765 gestorben, ihm folgte der Sohn Josef, der 1764 schon als Römischer König erwählt worden war. Maria Theresia nennt sich auf den Talern 1780 immer noch Römische Kaiserin, aber nur noch mit den ungarischen und böhmischen Königstiteln.
Wieso wurden nun aber auch nach dem Tode Maria Theresias diese Taler weitergeprägt? Und in so gewaltiger Zahl? Wieso traten nicht Münzen mit dem Bild des neuen Herrschers an ihre Stelle?
Natürlich gibt es diese Münzen des neuen Herrschers, aber man entschloss sich aus ökonomischen und politischen Gründen, den Maria-Theresien-Taler mit der Jahreszahl 1780 weiterzuprägen, den Levantetaler, wie er auch genannt wurde, ein Name, der schon auf die Gründe für die Weiterprägung hinweist.
Der Handelsverkehr in der Levante, also im östlichen, türkisch beherrschten Mittelmeerraum (bis Ägypten und Äthiopien), war stark behindert durch die desolaten Währungsverhältnisse des Osmanischen Reiches, so dass man sich gerne fremder, „stabiler“ Münzsorten bediente. Typische Beispiele dafür waren der spanische Säulentaler und der holländische Löwentaler. Diese durchaus beliebten Münzen hatten aber entgegen dem Maria-Theresien-Taler den Nachteil, noch keine Randschrift zu haben und konnten folglich leicht und nicht besonders auffällig befeilt werden. Das Befeilen war eine gängige Methode, von den Münzen etwas Silber wegzunehmen und damit einen (betrügerischen) Zusatzgewinn einzustreichen. Das war nun bei den Maria-Theresien-Talern nicht möglich, sie wurden zudem technisch vollkommen und mit immer gleichbleibendem Silbergehalt ausgeprägt und erwarben sich so hohes Vertrauen in einem ansonsten eher desolaten Wirtschaftsraum. Es war daher schon zu Lebzeiten der Kaiserin ein lohnendes Geschäft, das auch französische Kaufleute betrieben, Maria-Theresien-Taler in die Türkei zu liefern für den Handel mit europäischen Waren.
Der Maria-Theresien-Taler war also schon ab der Mitte des 18. Jahrhunderts losgelöst von seinem Münzbild eine beliebte Handelsmünze. Man hatte sich an sie gewöhnt, sie war vertrauenserweckend, es gab für den Handel keinen Grund, das zu ändern – also stellte man sie (gewinnbringend) weiter her. Ein Hofkammerdekret von 1781 beauftragte die Münzstätten in Wien und Günzburg mit der Weiterprägung der 1780er Taler, weil die neuen Taler mit dem Bildnis Josefs II. im „Orienthandel“ abgelehnt wurden. Später prägten auch andere österreichische Münzstätten, denen aber detaillierte Prägeanweisungen gegeben wurden, um die immer gleichbleibende Qualität und das immer gleichbleibende Aussehen zu gewährleisten. Kleinste, für den normalen Marktteilnehmer kaum sichtbare Veränderungen bzw. Zeichen gibt es trotzdem, die örtliche und zeitliche Zuordnungen der Talerprägungen nach 1780 erlauben, dazu ist eine umfangreiche Spezialliteratur entstanden, in der Sammler ihre Beobachtungen zusammengetragen und systematisiert haben.
Unter Mussolini erwarb Italien sogar offiziell das Prägerecht, weil man mit ähnlichen italienischen Münzen in der Levante keinen Erfolg gehabt hatte. In Äthiopien war der Maria-Theresien-Taler bis zum Verbot während der italienischen Besetzung des Landes (1936-1941) offizielle Landeswährung, die Beduinen Arabiens schätzten ihn wegen seiner gleichbleibenden Werthaltigkeit.
Der Beliebtheit der Münze scheint das Münzbild allerdings auch eher dienlich gewesen zu sein. Ungebrochen ist ja bis heute der Bedarf an solchen Talern für die Schmuckindustrie, was dem Aussehen (und der Größe) der Münze zu verdanken ist.
In seinem Ursprungsland Österreich endete der Umlauf Maria-Theresien-Taler mit der Einführung der Kronenwährung 1892, seinen Charakter als gesetzliches Zahlungsmittel hatte er bereits 1858 mit der Aufhebung des Konventionsmünzfußes verloren.
Solange der Maria-Theresien-Taler irgendwo offizielles Zahlungsmittel war, ist er natürlich auch als Münze anzusprechen. Also keineswegs haben die Nachprägungen nach 1780 alle Medaillencharakter, das dürfte erst ab den 1960er Jahren so sein.
aus MünzenRevue, Ausgabe 10/2014