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Jürgen Lorenz

Der Dreißigjährige Krieg – Teil 1: Der lange Weg in den Krieg


In diesem Jahr jährt sich der Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) zum 400. Mal. In lockerer Abfolge sollen eine Reihe von Beiträgen die politischen Hintergründe, den Verlauf des Krieges sowie den Friedensschluss von Münster und Osnabrück nachzeichnen und numismatische Zeugnisse der Ereignisse präsentiert werden.

Etwas mehr als 100 Jahre vor den eigentlichen Kampfhandlungen begann der lange Weg in den Krieg. Martin Luther, ein ehemaliger Augustiner-Mönch und Theologie-Professor, prangerte den Ablass-Handel der katholischen Kirche öffentlich an, legte eine deutsche Übersetzung der Bibel vor und bereitete mit seinen Thesen letztlich den Weg in die Spaltung der Kirche in Katholiken und Protestanten. Im Oktober 1518 wurde Martin Luther auf dem Augsburger Reichstag verhört und zum Widerrufen seiner Thesen aufgefordert. Als dieser sich weigerte, forterte Kardinal Cajetan die Auslieferung nach Rom, was Luthers Landesherr Friedrich der Weise (von Sachsen) jedoch verhindern konnte. So kam es im Juni 1519 zu einem heftigen Streitgespräch zwischen dem katholischen Theologen Johannes Eck, den Vertretern der Reformbewegung (u.a. Luther selbst) und dem Theologen Petrus Mosellanus, der die Vermittlerrolle führte.

Holzschnitt aus dem Jahr 1557 mit Darstellung der Leipziger Disputation. Quelle: Wikipedia.

Dieses als "Leipziger Disputation" bekannte Ereignis führte zum endgültigen Bruch zwischen Luther und dem päpstlichen Rom, sowie zur erstmaligen Dokumentation der wesentlichen Unterschiede beider Glaubenslehren. Im Jahr 1520 publizierte Luther seine drei Hauptschriften, die später die Grundlage für die evangelische Kirche bildeten. Gleichzeitig wurde im Reich der Prozess gegen ihn aufrechterhalten, auch durch den neuen Kaiser Karl V. Am 3. Januar des folgenden Jahres wurde Luther vom Papst exkommuniziert, nachdem er zuvor die Bannandrohungs-Schreiben öffentlich verbrannt hatte, eine gezielte Provokation der römischen Kirche. Dennoch empfing Kaiser Karl V. Luther im folgenden Frühjahr und befragte ihn erneut, ob er zu einem Widerruf seiner Schriften bereit sei. Als dies von Luther erneut verneint wurde, erließ der Kaiser mit dem Wormser Edikt die Reichsacht über ihn. Luther war nun vogelfrei und sollte von jedem, der ihm habhaft würde, nach Rom ausgeliefert werden. Die Reichsacht galt im gesamten Heiligen Römischen Reich deutscher Nation, wurde jedoch (wahrscheinlich nicht zufällig) nicht nach Sachsen zugestellt, daher konnte sie auch dort, am Aufenthaltsort Luthers, nicht umgesetzt werden. Als Luther sich Anfang Mai 1521 auf den Rückweg nach Sachsen machte, wurde er in einem Scheinüberfall von Friedrichs Soldaten entführt und auf die Wartburg in Sicherheit gebracht. Dort schuf er – getarnt als "Junker Jörg" – die Grundlagen des evangelischen Gemeindelebens und übersetzte das Neue Testament in eine verständliche deutsche Sprache. Ungeachtet dessen ging die Reformation im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation weiter. Vor allem in Wittenberg kam es zu radikalen Umwälzungen. Bereits im Jahr 1521 heiratete dort der erste Priester und es gab zum Weihnachtsabend einen deutsch-sprachigen Gottesdienst in weltlicher Kleidung ohne Bilder an der Wand. In der Folge dieser radikalen Umwälzungen und Veränderungen in der Lithurgie kam es zu Tumulten.

Nürnberg, Medaille 1717, anlässlich des 200. Jahrestages der Reformation, die Vs. zeigt das Bildnis Luthers; Quelle: Lanz, Auktion 165, 09.12.2017, Nr. 389.

Erst als Luther 1522 von der Wartburg zurückkehrte und mit Hilfe seiner Invokavit-Predigten zur "Schonung der Schwachen" die Wiederherstellung der alten Gottesdienste forderte, beruhigte sich die Situation und die Reformation wurde wieder in eine geordnete Bahn gelenkt. Doch wie so oft bei revolutionären Bewegungen, ging es manchen Anhängern Luthers nicht schnell bzw. radikal genug, und so kam es zu Abspaltungen und reformatorische Splitter-Gruppen entstanden. Im Jahr 1524 begann der sogenannte Bauernkrieg, dessen Wurzeln auch in der Reformation zu sehen sind. Die Bauern erhofften sich eine Verbesserung ihrer Lebensumstände und versuchten dies bald mit Gewalt durchzusetzen. Die Erhebungen der Bauern waren geographisch insbesondere in Süd- und Mitteldeutschland veortet. Aufgrund ihrer militärischen Unterlegenheit und Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Bauernschaft endeten die Aufstände schließlich überall in Niederlagen mit zahlreichen Hinrichtungen. Der Protestantismus selbst konnte aber weiterhin Erfolge feiern und so revidierte Kaiser Karl V. 1526 sogar größtenteils das Wormser Edikt und überließ die Religionsausübung weitgehend den Fürsten selbst. Auf dem Reichstag vom 19. April 1529 forderten mehrere Reichsstädte und Fürsten die Ächtung Luthers und seiner Schriften aufzuheben und die Ausbreitung des evangelischen Glaubens ungehindert zuzulassen. Bereits beim Reichstag 1530 verstand sich das protestantische Lager als eigene Kirche mit eigener Kirchenordnung. Ein Jahr später wurde von den protestantischen Fürsten ein Verteidigungsbündnis unter dem Namen "Schmalkaldischer Bund" geschlossen, um sich im Falle eines Krieges gegen den Kaiser behaupten zu können.

Magdeburg, Taler 1617, zum Reformationsjubiläum; Quelle: Lanz, Auktion 133, 28.11.2006, Nr. 983.

Die Reformation führte zu einer Destabilisierung der (religions-)politischen Lage, die den Frieden in Europa gefährdete, auch weil Karl V. als Herrscher und damit Wahrer der Kirche, sich nicht mit einer dauerhaften Spaltung zufrieden geben konnte. So verhängte Kaiser Karl, der die Tragweite der Reformation anfangs nicht richtig deutete, im Sommer 1546 (wenige Monate nach dem Tod Luthers) die Reichsacht gegenüber allen Anführern des "Schmalkaldischen Bundes". So war es nicht verwunderlich, dass der nächste Konflikt nicht lange auf sich warten ließ: Der Schmalkaldische Krieg von 1547/48. Nach zwei Feldzügen und der Schlacht bei Mühlberg (28. März 1547) konnte der Kaiser, dank seiner militärischen Überlegenheit, einen Sieg einfahren und den Krieg gewinnen. Zwar löste sich in dessen Folge der "Schmalkaldische Bund" auf, die Religionsfragen waren aber noch lange nicht gelöst. Kaiser Karl versuchte 1548 durch das Augsburger Interim die Wiedereingliederung der Protestanten in die katholische Kirche zu regeln. Bereits vier Jahre später musste er dies, nach Aufständen der protestantischen Fürsten, wieder zurücknehmen. Jedoch wuchs der Widerstand der katholischen Kirche, da er versuchte, die kaiserliche Macht durch Zentral-Regierung und Erbmonarchie zu stärken – beides war zum Scheitern verurteilt. Erst im Jahr 1555, also 38 Jahre nach Luthers Thesen, konnte der Frieden scheinbar dauerhaft hergestellt werden. Im sogenannten Augsburger Reichs- und Religionsfrieden wurde den Fürsten freie Religionsausübung zugestanden und ihr Besitzstand gesichert. In der Folgezeit trat zwar relative Ruhe ein, jedoch festigten sich die Gegensätze der beiden Kirchen in diesen Dekaden immer mehr. Dieser als Konfessionalisierung bezeichnete Prozess führte bald zu großen Spannungsproblemen innerhalb der Reichsinstitutionen. Diese wurden mehr und mehr blockiert und faktisch handlungsunfähig. Der eigentliche große Konflikt, der nun bereits in der Luft lag, führte Anfang des 17. Jahrhunderts zur Gründung der Protestantischen Union und der Katholischen Liga. Der lange Weg in die Katastrophe hatte mit der Reformation Martin Luthers begonnen und bis zum Ausbruch des Krieges sollte es nicht mehr lange dauern.

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