Vor zehn Jahren kam die erste Ausgabe einer Serie von Zwei-Euro-Münzen heraus, mit der sich die 16 Länder der Bundesrepublik Deutschland nach und nach mit herausragenden Bau- und Kunstdenkmalen nach der Reihenfolge ihrer Präsidentschaft im Bundesrat vorstellen. Die erste Münze bildete 2006 das Lübecker Holstentor als Symbol für das Bundesland Schleswig-Holstein ab, die Ausgabe von 2016 ist mit dem Kronentor des Dresdner Zwingers geschmückt. Jens Spahn, der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen, übergab im Bundeskanzleramt die neue Münze am 1. Februar 2016 offiziell Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem sächsischen Ministerpräsidenten und amtierenden Präsidenten des Deutschen Bundesrats Stanislaw Tillich. Der sächsische Kurfürst und polnischen König Friedrich August I./August II., genannt August der Starke, hatte den auch als „Poesie aus Sandstein“ bezeichneten Zwinger zwischen 1710 und 1732 von seinem Hofbaumeister Matthäus Daniel Pöppelmann errichten lassen. Die Bundeskanzlerin lobte den von Jordi Truxa geschaffenen Entwurf für die neue Ländermünze als exzellent gelungen und als schönen Beweis für die kulturelle Vielfalt in unserem Land, die durch die neue Umlaufmünze und weitere Ausgaben auch in andere Staaten strahlt. Da die Münze überall im Euroland gilt und umläuft, sei ihr, wie auch den anderen Ländermünzen, als ansehnlicher Werbeträger weite Verbreitung sicher, sagte Merkel. Ministerpräsident Tillich erinnerte in der kleinen Feierstunde daran, dass auch die Rohlinge für die Bundesmünzen aus Sachsen stammen sowie aktuelle Euro-Geldscheine bei Giesecke & Devrient in Leipzig gedruckt werden. Die mit dem Kürzel JT des Münzdesigners Jordi Truxa sowie dem Münzbuchstaben der jeweiligen Prägeanstalt signierte Bimetallmünze trägt die Randschrift „Einigkeit und Recht und Freiheit“ und wird in einer Gesamtauflage von 30 Millionen Exemplaren in den fünf deutschen Geldfabriken hergestellt und kann für einen Aufpreis auch in der Qualität Spiegelglanz und als fünfteiliges Set bei der Verkaufsstelle für Sammlermünzen der Bundesrepublik Deutschland im Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen, DGZ-Ring 12, 13086 Berlin, und im Münzhandel bezogen werden.
Pöppelmanns Meisterwerk
Der Zwinger ist eines der Wahrzeichen der sächsischen Landeshauptstadt Dresden. Seine Entstehung verdankt er dem Besuch des dänischen Königs 1709 in Dresden. Um den in der Nähe des Schlosses gelegenen Festplatz für Turniere, Maskeraden, Tierjagden, Feuerwerk und andere Lustbarkeiten wurden zunächst vergängliche Bauten aus Holz und Stuck errichtet. Allerdings ließ August der Starke dieses als Vorhof für einen nie verwirklichten Schlossneubau gedachte Provisorium nur wenige Jahre stehen und beauftragte dann Pöppelmann mit dem Bau von Steingebäuden mit reichem figürlichem Sandsteinschmuck. Das 1714 gebaute Kronentor und einzelne Ornamente wie Reichsadler, Kronen, Wappen und Ordenszeichen erinnern an die politischen Ambitionen des prestigebewussten Kurfürsten und Königs. Um der polnischen Königskrone willen war August der Starke zur katholischen Kirche übergetreten. Nur zu gern hätte er für sich und seine Familie den römisch-deutschen Kaiserthron gesichert. Nicht umsonst hatte sein Sohn, der nachmalige Friedrich August II./August III., 1719 die Kaisertochter Maria Josepha geheiratet. Der gerade im Bau befindliche Zwinger bot für die Feierlichkeiten eine überaus prächtige Kulisse.Als August der Starke 1733 in Warschau starb, hinterließ er den Zwinger als Torso, denn die vierte Seite zur Elbe hin blieb offen. Sie wurde erst im 19. Jahrhundert nach Plänen von Gottfried Semper durch Errichtung eines in den Formen der italienischen Hochrenaissance gestalteten Galeriegebäudes geschlossen.
Umstrittenes Erbe
Der überreich mit Skulpturen von Balthasar Permoser und anderen Bildhauern geschmückte Zwinger galt schon wenige Jahrzehnte nach seiner Entstehung, als man antiker Baukunst huldigte, als stilistisch überholt und wurde auch wegen des üppigen Barockzierrats wenig geliebt. Höfische Feste fanden nicht mehr auf dem Festplatz Augusts des Starken statt, sondern eher bescheiden in kurfürstlichen und königlichen Lustschlössern und Gärten außerhalb der Residenzstadt. So kam es, dass der Zwinger mit der Zeit verödete, doch ließ man die bereits vom Zahn der Zeit gezeichneten Bauten stehen, weil man sie für die Aufnahme der landesherrlichen Sammlungen benötigte. Bis heute werden im Zwinger Schaustücke der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden wie kostbares Porzellan sowie wissenschaftliche Geräte präsentiert. Außerdem ist der Innenhof mit seinen malerischen Wasserbecken und Fontänen, die auf der neue Münze vor dem Kronentor zu sehen sind, ein beliebter Ort für Open-Air-Konzerte.Erst im ausgehenden 19. Jahrhundert entdeckten Kunst- und Bauhistoriker den Zwinger als herausragendes, ja einmaliges Zeugnis barocker Schlossbaukunst. Georg Dehio, der sich um die Denkmalpflege große Verdienste erwarb und das nach ihm benannte „Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler“ begründete, schrieb : „Man darf am Zwinger nicht die bezaubernde Fülle und den romantischen Übermut der Einzelform als das allein Wesentliche sehen, ebenso ist es die Klarheit und Größe des Grundrisses. Es liegt hier nicht nur ein dekoratives, sondern auch ein architektonisches Meisterwerk vor“.
Wiederaufbau nach 1945
Beim anglo-amerikanischen Bombenangriff vom 13. und 14. Februar 1945 auf Dresden wurde der Zwinger stark beschädigt, doch blieben die Außenmauern der Pavillons und Galerien stehen. Weitgehend ohne Schäden war nur das Nymphenbad davongekommen, ein überaus prächtiger Raum unter freiem Himmel zwischen Wallpavillon und Gemäldegalerie. Wenige Wochen nach Kriegsende wurde mit den Aufräumarbeiten begonnen. Bauleute und Bildhauer, Architekten und Denkmalpfleger, die die Zwingerbauhütte aus der Vorkriegs- und Kriegszeit wiederbelebten, sichteten die Trümmer mit dem Ziel, die Anlage „aus Ruinen“ auferstehen zu lassen. Während Dresden noch in Trümmern lag, wuchs der Zwinger langsam empor. Bereits Anfang der 1950er Jahre waren das Kronentor, die Langgalerien und zwei Pavillons wiederhergestellt, und 1964 war der Wiederaufbau im Wesentlichen abgeschlossen. An den komplizierten Arbeiten nahm die Bevölkerung lebhaften Anteil, vergleichbar dem großen Interesse, das sie dem Wiederaufbau der Frauenkirche über vier Jahrzehnte später entgegen brachte. Die DDR hat auf mehreren Münzen Dresdner Sehenswürdigkeiten wie den Wallpavillon des Zwingers, die Ruine der Frauenkirche und die Semperoper dargestellt. Zusammen mit bundesdeutschen Gedenkmünzen ebenfalls mit Dresden-Motiven und der neuen Zwei-Euro-Münze können sie alle den Ausgangspunkt einer stattlichen Sammlung zum Thema „Baukunst auf Münzen und Medaillen“ bilden.
aus MünzenRevue Ausgabe 05/2016