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Ruedi Kunzmann

Ein äusserst seltener Augsburger 1½-facher Schautaler auf Kaiser Karl V. von 1546


Av. + CAROLVS . V. ROMANORVM . IMPERATOR [Rose]

Brustbild des Kaisers mit Barett nach rechts, umgehängte Vlieskette in einem doppelten Innenkreis. Aussen kräftiger Eichenkranz.

Rv. . AVGVSTA . VINDE LICORVM . 1546

Gekrönter Doppeladler über geschweiftem Schild mit Augsburger Stadtpyr, die Umschrift trennend. Einfacher Innenkreis. Aussen kräftiger Eichenkranz.

Silber, 21.8 mm, 46.48 g, gehenkelt.

Lit. Forster 1, Bernhard 87

Diese Medaille wird von SINCONA AG, Zürich in Auktion 43 vom 23./24. Oktober 2017 unter der Losnummer 2030 versteigert.

Die Politik der Stadt Augsburg in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts

In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zählte Augsburg ca. 30‘000 Einwohner, war eine aufstrebende Stadt im Handel mit Leinwand und Barchent und bald auch bedeutend für Bergbau und Edelmetallhandel, den Zugang zum überregionalen Kapitalmarkt anstrebend. Trotz diversen Krisen (steigende Lebensmittelpreise, fehlende Baumwollzufuhr wegen des Venedigerkriegs, Pest und andere Seuchen) versuchte man, sich so gut als möglich im Leben zu arrangieren. Diese Jahre waren zusätzlich gekennzeichnet durch die beginnenden religiösen Probleme im Zusammenhang mit vertiefter, ängstlicher Frömmigkeit, vermehrtem Reliquienkult, Ablass – und im Gegenzug dazu die beginnenden Bestrebungen verschiedener Reformatoren. Es gelang der Stadt jedoch viele Jahre, so gut als möglich Geistlichkeit und Rat in gegenseitigem Einvernehmen zu halten, also sowohl als Bischofsstadt und als Handelszentrum zu bestehen.

Diese offene Gesellschaft in Augsburg, bestehend aus Patriziern, Gelehrten und dem Klerus wurde allerdings durch das Erstarken der Reformationsbestrebungen um 1520 erheblich gestört. Als Reichsstadt war Augsburg gewiss dem streng katholischen Kaiser Karl V. eng verpflichtet, zumal dessen Kapitalgeber, wie etwa die Fugger und die Welser Bürger gerade dieser Stadt waren. Die Lehren Luthers und Zwinglis beeinflussten die verschiedenen Reichsstädte Deutschlands jedoch mit Vehemenz; ein grosser Teil der gebildeten Bürger sympathisierte in den zwanziger Jahren mit den neuen religiösen Strömungen. Dazu kam, dass gerade Augsburg, neben Wittenberg, diejenige Stadt war, wo am meisten Reformationsschriften gedruckt wurden; man geht von einer halben Million Exemplaren solcher Drucke aus. Augsburg hielt sich deshalb an den verschiedenen Reichstagen in religionspolitischen Fragen so gut als möglich zurück und trat erst im Jahr 1536 dem 1530 gegründeten sog. Schmalkaldischen Bund bei, einer Gemeinschaft, die ein defensives Militärbündnis reformierter Fürsten und Reichsstädte beschlossen hatte.

Es ist bekannt, dass Kaiser Karl V. intensiv eine Lösung der Religionsfrage anstrebte, und gerade Augsburg wähnte sich mitten drin im Konflikt zwischen Kaiser, den Bischöfen und dem Herzog von Bayern einerseits sowie den schmalkaldischen Bündnismitgliedern anderseits. 1546/1547 kam es zum bekannten Schmalkaldischen Krieg. Sieger blieb der Kaiser, Verlierer war der protestantische Widerstand.

Es führte zu weit, alle Faktoren dieses Konflikts aufzuzählen; jedenfalls kam es schlussendlich zum berühmten Augsburger Religionsfrieden, in welchem eine gewisse Koexistenz zwischen den Katholiken und den Lutheranern erlaubt und damit die freie Religionsausübung den verschiedenen Kreisen zugestanden wurde.

Verschiedene Münzzeichen L. Rosenbaums

Lorenz Rosenbaum und dieser Schautaler

In diese strube Zeit setzen wir die oben abgebildete Medaille, in Auftrag gegeben durch die Stadt Augsburg, ausgeführt vom Stempelschneider Lorenz Rosenbaum (ca. 1500-1575). Sehr viel wissen wir über das Leben vom Lorenz Rosenbaum eigentlich nicht. Vermutlich ist er der Sohn des Ravensburger Goldschmieds Conrad Rosenbaum, wächst in Schaffhausen auf und lehrte das Handwerk eines Eisenschneiders in den frühen Zwanzigerjahren offenbar in Augsburg. 1526 wird er dort als Meister erwähnt. Ab 1533 ist er wieder in Schaffhausen, sitzt auch im Grossen Rat und wird 1537 als Münzwardein bezeichnet. 1539 bis 1546 arbeitet er abermals in Augsburg und wird anschliessend, also im selben Jahr, erneut ins Schaffhauser Bürgerrecht aufgenommen. In den Steuerregistern der Stadt am Rhein wird er als sog. Ausbürger 1560-1570 geführt.

Rosenbaums guter Ruf als bedeutender Künstler der Renaissance trug ihm während seiner Wirkenszeit viele Aufträge ein, die er als Goldschmied, Medailleur und Stempelschneider erfolgreich ausführen durfte. Seine Arbeiten werden oftmals durch eine Rosenblatt oder eine Rose erkannt.

Ein letzter, interessanter Hinweis stammt aus der Feder von Von Stetten, welcher schreibt: „Lorenz Rosenbaum, auch ein Goldschmied, hat im Jahr 1546 das schöne Schaustück verfertigt, auf welchem das Bildniẞ desselben Kaisers mit dem Barett zu sehen ist. Es hat sich selten gemacht, dann man unterdrückte es in diesen Zeiten, wo die Stadt den Kaiser nicht zum Gönner hatte, nachdem sie in den Schmalkaldischen Bund getreten war“.

Weiterführende Literatur: Max Bernhard: Die Bildnismedaillen Karls des Fünften. Verl. O. Helbing Nachf. München, 1919, S. 20. A. v. Forster: Die Erzeugnisse der Stempelschneiderkunst in Augsburg…, Leipzig, 1910. Eug. Merzbacher: Lorenz Rosenbaum. In Mitteilungen der Bayer. Num. Ges. Bd. 29, 1900, S.1-10. Paul v. Stetten: Kunst-, Gewerb und Handwerks-Geschichte der Reichs-Stadt Ausgburg, Bd. 1, Augsburg 1779, S. 499ff. Friedr. Wielandt: Lorenz R., Eisengraber und Medailleur. Hamburger Beitr. zur Numismatik, 16 (1962), S. 307-320. Internet: www.stadtlexikon-augsburg.de/index.php?id=146; www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D31563.php

Konstanz, Reformationstaler 1537 / Augsburg Schautaler 1546 / Schaffhausen Taler 1551

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