Der Zweite Punische Krieg ist bis heute eine der legendärsten Schlachtenserien der Menschheitsgeschichte – das Bild des tapferen Hannibal, der seine Elefanten aus Karthago über die Alpen schickte und erfolglos versuchte, Rom einzunehmen, hat seinen Platz in den Geschichtsbüchern gefunden. Das Ereignis gilt als Wendepunkt in der Geschichte Europas, denn die Römer konnten ihren Einfluss dadurch auf die Iberische Halbinsel ausdehnen und die Kontrolle über die lukrativen spanischen Silberminen erlangen. Die Bedeutung dieser Einnahmen für den Siegeszug der Römer über den europäischen Kontinent und die Entwicklung Roms von einer Regionalmacht zum Imperium ist unbestritten. Sie wurde nun aber durch neuerliche Analysen historischer Münzen bestätigt. Wissenschaftler aus Deutschland und Dänemark haben einem Bericht der Zeitung „Telegraph“ zufolge 70 römische Münzen von 310-300 bis 101 v. Chr. analysiert – in diesem Zeitraum fand auch der Zweite Punische Krieg statt.
Mithilfe der Massenspektrometrie konnten die Forscher belegen, dass Blei in den Münzen nach 209 v. Chr. unverwechselbare Isotopensignaturen aufweisen, welche auch bei den meisten der späteren Münzen zu beobachten waren, die vermutlich aus spanischen Quellen stammen. Der sich ändernde Ursprung der Münzmetalle spiegelt sich durch unterschiedliche Verhältnisse der Blei-Isotope 208Pb, 207Pb, 206Pb und 204Pb wieder, die nach Darstellung des „Telegraph“ als "geologische Uhren" dienen – sie dokumentieren das Entstehungsalter der Erze, aus denen das Silber gewonnen wurde.
Auffällig ist, dass die Blei-Isotopen nach 209 v. Chr. vergleichbar sind mit Ablagerungen im Südosten und Südwesten Spaniens oder Mischungen aus Metallen, die aus diesen Bezirken entnommen wurden. Dr. Katrin Westner von der Goethe-Universität Frankfurt erklärt: "Die römischen Münzen wurden vor dem Krieg aus Silber gefertigt und stammen aus den gleichen Quellen wie die von den griechischen Städten in Italien und Sizilien herausgegebenen Münzen.“ Das Metall müsste also aus Silbererzen und metallurgischen Produkten aus der ägäischen Region gewonnen worden sein. Westner erläutert gegenüber dem „Telegraph“, dass die Niederlage von Karthago zu riesigen Reparationszahlungen nach Rom führte.
Dies spiegelt sich nun auch in der Analyse der römischen Münzen – diese weisen für das iberische Silber typische geochemische Signaturen auf: " "Dieser massive Zustrom von iberischem Silber veränderte die Wirtschaft von Rom erheblich und sorgt dafür, dass Rom die Supermacht der damaligen Zeit wurde“, resümiert Katrin Westner. Die Niederlage von Hannibal und der Aufstieg von Rom sei sozusagen in die Münzen des Römischen Reiches eingeprägt worden. Künftig könne die Spekulation über die Bedeutung des spanischen Silbers für die Münzprägung von Rom auf eine feste Grundlage gestellt werden.