Interessenten der Mecklenburg-Strelitzer Münzgeschichte fällt bei eingehender Betrachtung eine besondere Silbermünze auf. Es ist das XVI-Gute-Groschen-Stück (auch Gulden oder ⅔-Taler genannt) von 1747 aus der Regierungszeit von Adolph-Friedrich III. von Mecklenburg-Strelitz (1708–1752). Im Buch von Michael Kunzel „Das Münzwesen Mecklenburgs von 1492 bis 1872“ ist es unter Nr. 560 aufgeführt. Die Münze hatte ein Gewicht von ca. 17 g Silber und einen Durchmesser von ca. 38,5 mm. Die 16 Gute Groschen bezogen sich auf einen Taler zu 24 Groschen.
Porträt des Adolph-Friedrich III., unbekannter Künstler [Bildquelle: Wikipedia]
Adolph-Friedrich III. war für sein kleines Land in Sachen Münz- und Medaillenprägungen sehr aktiv. Er ließ sogar Medaillen anlässlich des 200-jährigen Reformationsjubiläums 1717 in Lübeck prägen und eine komplette Nominalreihe von 1 Pfennig bis zum 5-Taler-Stück in Stargard und Neustrelitz.
Das XVI-Gute-Groschen-Stück fällt dabei etwas aus der Rolle. Bei Münzen dieses hohen Nominalwerts war es üblich, dass auf der Vorderseite der Münze ein Kopfbild des jeweiligen Herschers abgebildet wurde. Hier haben wir stattdessen ein bekröntes, verschlungenes Monogramm AF des Herzogs mit der Umschrift VON GOTTES GNADEN HERTZOG ZU MECKLENB. Die Rückseite der Münze zeigt in einem unten und oben mit je einer fünfblättrigen Blüte geschlossenen Kettenkranz, die Wertangabe XVI GUTE GROSCHEN mit der Jahreszahl MDCCXLVII (1747) und das Münzmeisterzeichen C.H.I für Christian Heinrich Jaster.
Eine weitere Besonderheit ist die sehr auffällige breite Randrändelung mit geraden Stäben auf beiden Seiten der Münze. Die Kerbrändelung wurde in dieser Zeit häufig für die Prägung von größeren Münzen angewendet, um ein betrügerisches Befeilen oder Beschneiden der Münzen zu erkennen.
Die Prägestempel weisen die Jahreszahl 1747 auf und waren eigentlich für eine Prägung in Stargard vorgesehen. 1747 war hier eines der Hauptprägejahre. Michael Kunzel weist aber nach, dass die Münzen erst 1748 geprägt wurden. Ein vorgesehener Umzug der Münzprägestätte von Stargard nach Neustrelitz erfolgte erst im Juli/August 1748. Erst am 30. Juli 1748 lieferte der Hamburger Münzgraveur Johann Heinrich Feldt ein Stempelpaar für das XVI-Gute-Groschen-Stück mit Rechnung an den Neustrelitzer Münzpächter Hartwig Heinrich Brunsich. Mit diesen Stempeln konnte also in Stargard regulär nicht mehr geprägt worden sein. Es ist möglich, dass Brunsich einige Exemplare zur Eröffnung der Neustrelitzer Münzprägestätte im August 1748 für Geschenk- und Repräsentationszwecke in sehr geringer Anzahl anfertigen ließ.
Das erste Mal tauchte in der Literatur diese Münze im Versteigerungskatalog der Münzsammlung Gronow auf, die 1792 in Rostock versteigert wurde (Seite 43, Nr. 590 – ohne Abbildung).
Carl Friedrich Evers hat in seiner Mecklenburgischen Münzverfassung von 1799 die Beschreibung des XVI-Gute-Groschen-Stücks von Gronow übernommen (Evers Nr. 318/5). Der Neustrelitzer Ullrich Horn beschrieb eine XIV-Gute-Groschen Münze, die damals in der Neustrelitzer Sammlung vorhanden war, in seinen handschriftlichen Aufzeichnungen zur Mecklenburg-Strelitzer Münzgeschichte (1900–1912) auf Seite 79. Es hatte ihm direkt zur Bestimmung vorgelegen. Er hat eine Zeichnung angefertigt [Abb. 1] sowie den Durchmesser mit 38–38,5 mm, das Gewicht mit 17,15 g bestimmt und in die Münzbeschreibung aufgenommen.
Abb. 1: Münze der Neustrelitzer Sammlung - Zeichnung von Ullrich Horn
Als Bemerkung gibt Horn an, dass in der Neustrelitzer Sammlung davon noch ein Zinnabschlag mit einem Gewicht von 13,65 g vorhanden ist. Ulrich Horn war auch der Versteigerungskatalog der Sammlung des Greifswalder Commerzienrats C. F. Pogge bekannt. Pogge starb bereits 1840. Seine Sammlung wurde erst im November 1903 von Leo Hamburger in Frankfurt/Main versteigert. Unter Nr. 1742 wurde ein XVI-Gute-Groschen-Stück ohne Abbildung als „sehr gut erhalten“ angeboten. Es erzielte einen Zuschlag von 110 Goldmark.
Im Auktionskatalog der Sammlung von Richard Gaettens, die am 7. Dezember 1931 von Felix Schlessinger in Berlin versteigert worden ist, war auf Seite 53 mit Nr. 814 ein XVI-Gute-Groschen-Stück vorhanden, erstmals mit einem guten Foto [Abb. 2], aber ohne Gewichtsangabe.
Abb. 2: Slg. Gaettens, 1931 bei Felix Schlessinger versteigert, S. 53, Nr. 814
Als Prägestätte wurde damals noch Stargard genannt und darauf hingewiesen, dass diese Münze nicht im Schweriner Münzkabinett vorhanden war. Die Münze wird im Katalog als „Unikum“ bezeichnet und mit einem Schätzpreis von 250–500 Reichsmark angeboten. Zugeschlagen wurde die Münze für 215 Reichsmark.
Schon einige Jahre später wurde erneut ein XVI-Gute-Groschen-Stück mit Foto [Abb. 3] bei der Versteigerung der Sammlung des Lübecker Kaufmanns Alexander Roeper beim Rostocker Auktionshaus Grabow im Aktionskatalog IX vom 10.–12. Dezember 1936, Seite 17, Nr. 374, angeboten.
Abb. 3: Slg. Roeper I, 1936 bei Grabow versteigert, S. 17, Nr. 374
Ein genauer Vergleich der Fotos der Münzen aus der Gaettens- und Roeper-Sammlung ergibt, dass es sich nicht um eine identische Münze handelt. Damit ist sicher, dass es zwei verschiedene Münzen sind und Roeper diese Münze nicht aus der Sammlung Gaettens bei der Schlessinger-Auktion 1931 ersteigert hatte.
1936 wurde die Neustrelitzer Münzsammlung ins Mecklenburgische Landesmuseum nach Schwerin überführt und damit wurde auch das von Horn beschriebene XVI Gute Groschen Stück hier eingeordnet. Zum Schutz vor Diebstahl wurden 486 der wertvollsten Münzen am 9. September 1942 aus dem Schweriner Münzkabinett in die Sparkasse Plau am See ausgelagert. In der Empfangbestätigung der Sparkasse der Stadt Plau vom 9. September 1942 wird bestätigt, dass das vom Mecklenburger Landesmuseum erhaltene versiegelte Paket 486 besonders wertvolle Münzen, Medaillen und Notgeldklippen enthielt. Dabei war auch das XVI-Gute-Groschen-Stück aus der ehemaligen großherzoglichen Sammlung Neustrelitz, das 1936 nach Schwerin kam.
Am 10. Mai 1945 beschlagnahmte eine Trophäenkommission der Roten Armee in Plau am See alle hier eingelagerten Münzen und Medaillen. Sie sind seitdem verschollen und bis heute nicht auffindbar. Im Schweriner Münzkabinett wird diese Münze in der „Dokumentation der kriegsbedingt vermissten Kunstwerke des Mecklenburgischen Landesmuseums in Schwerin Band II“ unter Nr. 172 aufgelistet als frühere Vorkriegs-Inventar-Nr. 69 mit einem Gewicht von 17,2 g.
1971 gelangte ein Foto mit Beschreibung des XVI-Gute-Groschen-Stücks in das Begleitheft zur 2. Münzausstellung des Bezirks Neubrandenburg. Das Foto wurde aus dem Auktionskatalog der Sammlung Gaettens vom 7. Dezember 1931 übernommen.
Die nächste Beschreibung des XVI-Gute-Groschen-Stücks befindet sich im Werk von Walter Hannemann Die Münzen des Landes Mecklenburg-Strelitz. Er hatte die Beschreibung und das Foto auch aus dem Katalog der Gaettens-Sammlung übernommen, also keine neue Variante der Münze abgebildet. Michael Kunzel hat 1985 in Mecklenburgische Münzkunde 1492–1872 das Foto aus der Gaettens-Sammlung verwendet. In seinem Werk 1994 Das Münzwesen Mecklenburgs von 1492 bis 1872 hat er aber für die Abbildung der XVI-Gute-Groschen-Münze das Foto aus dem Auktionskatalog der der Sammlung Roeper von 1936 abgebildet. Von 1936 bis zum Jahr 2000 wurde kein XVI-Gute-Groschen-Stück 1747 in Auktionen angeboten.
Dann die Überraschung! Im Jahr 2000 wurde in Osnabrück durch das Auktionshaus Künker die Münzsammlung von Friedrich Popken versteigert, einem Unternehmer aus Rastede in Niedersachsen. Unter der Nr. 249 war auch das XVI-Gute-Groschen-Stück von 1747 mit Foto [Abb. 4] dabei. Als Gewicht wurde 16,75 g angegeben. Erstmals mit Bezug auf Michael Kunzel wurde Neustrelitz als Prägestätte genannt. Der Zuschlag für das Exemplar erfolgte für 7700 DM.
Abb. 4: Slg. Popken, 2000 bei Künker versteigert, S. 49, Nr. 249; 16,97 g
Dieses XVI-Gute-Groschen-Stück ist nach einem Vergleich der Fotos weder das Exemplar der Gaettens-Sammlung von 1931 noch das der Roeper-Sammlung von 1936. Das heißt, es ist entweder die Münze aus der Gronow-Sammlung von 1792 oder der Pogge-Sammlung von 1903 oder es ist ein neu aufgetauchtes Exemplar dieser Münze, das noch nie in einer Auktion angeboten worden war.
Vier Jahre später wurde 2004 vom Auktionshaus Künker in der 92. Auktion unter der Nr. 2125 wieder ein Exemplar des XVI-Gute-Groschen-Stücks 1747 mit Foto [Abb. 5] und Gewichtsangabe angeboten. Im Katalog wurde in der Beschreibung nicht vermerkt, dass es sich um das Exemplar aus der Künker-Auktion Nr. 57, Nr. 249, von 2000 handelte. Das Auktionsergebnis lag bei 3400 Euro.
Abb. 5: 2004 bei Künker versteigert, S. 301, Nr. 2125; 16,97 g
2018 dann die nächste Überraschung: Vom Auktionshaus Künker in Osnabrück wird aus einer Mecklenburg-Spezial-Sammlung erneut ein XVI-Gute-Groschen-Stück von 1747 angeboten [Abb. 6].
Abb. 6: Spezialslg. Mecklenburg, 2018 bei Künker versteigert, S. 89, Nr. 4286; 16,97 g
Im Auktionskatalog wird darauf hingewiesen, dass es sich bei dieser Münze um das gleiche Exemplar handelt, das bereits im Jahr 2004 bei Künker unter Nr. 2125 angeboten worden war. Die Münze hat ein Gewicht von 16,97 g und unterscheidet sich auf dem Foto deutlich von der im Jahr 2000 versteigerten Münze aus der Sammlung Popken. Eine deutliche Prägeschwäche auf der Rückseite der Münze zeigt u. a. den Unterschied. Das Auktionsergebnis lag bei 10.000 Euro.
Zusammenfassend kommen wir zu folgendem Ergebnis: Das XVI-Gute-Groschen-Stück wurde nachweislich in sieben Auktionen angeboten und einmal durch Horn als Münze der großherzoglichen Sammlung Neustrelitz beschrieben. Die folgenden Münzabbildungen sind mit einem Hinweis zu einem Detail versehen, das auf ein Alleinstellungsmerkmal dieser Münze hinweist und diese Münze von den anderen Münzen unterscheidet. Für die Abbildungen der Münze wurde auch in den Münzkatalogen von Schön und Davenport das Foto aus der Gaettens-Sammlung von 1931 verwendet.
Abb. 7: Schrötlingsfehler. Slg. Gaettens, 1931 bei F. Schlessinger versteigert, S. 53, Nr. 814
Abb. 8: Vs. Punkte durch Abnutzung nicht mehr erkennbar; Rs. Prägeschwäche. Slg. Roeper I, 1936 bei Grabow versteigert, S. 17, Nr. 374
Abb. 9: Stäbe der Kerbrändelung hier deutlich kürzer als die der anderen Stäbe.
2000 bei Künker versteigert, S. 49, Nr. 249
Abb. 10: Punkte unter dem Kreuz der Krone sind nur wenig abgenutzt und gut zu erkennen.
2018 bei Künker versteigert, Nr. 4286
Bei den beiden 1792 und 1903 versteigerten Münzen sowie auch der von Horn beschriebenen Münze kann es sich um dieselbe Münze handeln, da von dem Stück der großherzoglichen Sammlung Neustrelitz nicht bekannt ist, wann es erworben wurde und woher es stammt.
Auf jeden Fall kann durch den Vergleich der versteigerten Münzen mit Fotos (1931, 1936, 2000, 2004) eindeutig festgestellt werden, dass es sich bei diesen vier Münzen um verschiedene Exemplare handelt. Da eine Rückverfolgung zur Herkunft dieser Münzen aus den Sammlungen, die versteigert wurden, nicht möglich ist, könnten sich unter diesen vier Münzen auch die zwei Exemplare aus den Sammlungen Gronow (1792) und Pogge I (1903) befinden. Drei Münzen lassen sich auch durch das angegebene unterschiedliche Gewicht unterscheiden. Weil die von Horn beschriebene Münze ein anderes Gewicht hat als die 2000 und 2004 versteigerten Münzen und auch nicht zur Sammlung Gaettens und Sammlung Roeper gehören konnte, da sie bis 1936 in der großherzoglichen Sammlung in Neustrelitz lag, ist es eindeutig klar, dass es mindestens fünf Exemplare dieser Münze gibt. Damit ist bewiesen, dass es sich bei der XVI-Gute-Groschen-Münze nicht um ein Unikum handelt.
Es bleibt abzuwarten, ob in der Zukunft noch weitere Exemplare dieser Münze auftauchen?
Henning Ihlenfeldt und Arnim Mahlke
Bei den Autoren dieses Beitrags handelt es sich um Mitglieder des Neubrandenburger Münzvereins e.V.
Die Redaktion bedankt sich herzlichst für die Zusendung dieses umfangreichen und informativen Artikels!
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